Russlands Tor zur Europäischen Union

Der russischen WTO-Eintritt stärkt Hamburgs Position als Russlands Handelspartner

Russlands Tor zur Europäischen Union

Der Start von Russlands WTO Mitgliedschaft am 22. August 2012 setzt einen wichtigen Impuls für die Handelsbeziehungen mit Europa. "Der Abbau der Handelsbarrieren stärkt Hamburgs Rolle als wichtigstem Umschlagplatz für den Außenhandel Russlands mit der Europäischen Union und Übersee", sagt Jutta Ludwig, Vorsitzende der Geschäftsführung der HWF Hamburgische Gesellschaft für Wirtschaftsförderung mbH. "Hamburgs Handelsbeziehungen zu Russland bestehen seit Gründung der Hanse und wurden seitdem immer wieder erneuert", so Jutta Ludwig weiter. Rund 120 russischstämmige Unternehmen haben sich schon jetzt Hamburg als Standort für ihre Expansion in die EU gewählt. Durch künftige Vereinfachungen im Handelsrecht wird Hamburgs Position im Russlandhandel und als Brückenkopf der russischen Wirtschaft nochmals verstärkt, wie der Generalkonsul der Russischen Förderation, Dr. Sergey P. Ganzha, bestätigt: "Mit dem WTO-Beitritt der russischen Föderation werden die guten Handelsbeziehungen zu Hamburg durch gemeinsame internationale Normen gestärkt. Das Interesse russischer Unternehmen am Standort Hamburg wächst seit langem kontinuierlich. Eine Entwicklung, für die die Russlands WTO-Mitgliedschaft ein zusätzlicher Motor ist."

Hamburgs Hafen hat eine besondere Bedeutung für Russland. Er ist die zentrale Drehscheibe für den Handel Russlands mit der Europäischen Union. Dazu Claudia Roller, Vorstandsvorsitzende Hafen Hamburg Marketing e.V.: "Mit dem Beitritt Russlands zur WTO Mitte dieses Jahres werden Handelsbarrieren sukzessive weiter abgebaut. Davon profitiert auch der Hamburger Hafen, der eng mit dem russischen Markt verbunden ist. Für den Hafen der Elbmetropole ist Russland mittlerweile zweitwichtigster Handelspartner im Containerverkehr." Unbeirrt von Schwankungen der Weltwirtschaft wuchs der Containerumschlag im Jahr 2011 um mehr als 35 Prozent auf 595.000 TEU.

Aber nicht nur Waren finden ihren Weg nach Hamburg. Für russischstämmige Unternehmen ist Hamburg ein wichtiger Standort. Rund 120 russischstämmige Firmen haben sich inzwischen in Hamburg niedergelassen – die meisten mit Unterstützung der HWF. Sie kommen vor allem aus den Branchen Logistik, Schifffahrt und Lebensmittelhandel. Der aktuelle Trend liegt jedoch im Bereich IT und Medien. Denn Hamburg hat sich als deutsche Hochburg der Spiele-Entwickler etabliert. Diese Infrastruktur überzeugte beispielsweise INTENIUM aus Kaliningrad, eine Dependance in Hamburg zu gründen. Heute ist INTENIUM einer der erfolgreichsten Vermarkter von Single- und Multiplayer Casual Games in Europa. Die INTENIUM GmbH, die an den beiden Standorten Hamburg und Kaliningrad insgesamt 68 Mitarbeiter beschäftigt, ist im November 2011 in Moskau mit dem "Otto Wolff von Amerongen-Mittelstandspreis" der Deutsch-russischen Auslandshandelskammer (AHK) ausgezeichnet worden. Mit dem Preis "Das beste russische Unternehmen in Deutschland" werden die hohe Innovationskraft INTENIUMs und der Unternehmergeist von Gründer und Geschäftsführer Konstantin Nikulin gewürdigt.

Mail.Ru Games -  als weiteres Beispiel -  ist einer der führenden Anbieter von Online-Games. Das Unternehmen entwickelt und vermarktet hochwertige client- und browserbasierte Spiele, die mittlerweile von Millionen Menschen weltweit gespielt werden. Das internationale Geschäft wird durch die in Hamburg ansässige Europazentrale Mail.Ru Games GmbH betreut. Von dort aus werden von Mail.Ru lizensierte Produkte sowie selbstentwickelte Projekte innerhalb der EMEA-Region vertrieben.

Die HWF Hamburgische Gesellschaft für Wirtschaftsförderung unterstützt russische Unternehmen bei dem Start in Hamburg und unterhält mit der Unternehmensgruppe LUNO in Moskau und Hamburg Verbindungsbüros, die russische Unternehmen beim Start in Hamburg unterstützen. Die Vertretungen der Handelskammer Hamburg in St. Petersburg und Kaliningrad sind die erste Anlaufstelle für alle Unternehmen, die geschäftliche Aktivitäten in Russland planen. Im Haus der Deutschen Wirtschaft in St. Petersburg befindet sich die Vertretung von "Hafen Hamburg Marketing", die auch eine Vertretung der Senatskanzlei der Freien und Hansestadt Hamburg beherbergt. Mit der Vertretung der "Hamburg Messe" in St. Petersburg unterhält die Handelskammer enge Beziehungen. Umgekehrt werden die russischen internationalen Messen wie die "TransRussia" von den Hamburger Kaufleuten für Geschäftskontakte genutzt. Seit 2006 gibt es im Zentrum Hamburgs das St. Petersburger Außenhandelsbüro, welches die ökonomischen und kulturellen Verbindungen zwischen den beiden Städten stärken soll. Auch der "Ost- und Mitteleuropaverein" mit Sitz in Hamburg vermittelt Kontakte von Klein- und Mittelständischen Unternehmen in Russland. Außerdem setzt sich das "Baltic Sea Forum-Pro Baltica" für die wirtschaftliche Zusammenarbeit im Ostseeraum ein. Etwa 800 Hamburger Firmen haben nach den Daten der Handelskammer Hamburg Partner in Russland.

Hintergrund des WTO-Beitritts Russlands
Mitte Juni 2012 wurde durch das russische Parlament der Beitritt der Russischen Föderation zur Welthandelsorganisation WTO bewilligt. Nach der Ratifizierung des Protokolls durch Präsident Putin wird Russland ab 22.08.2012 vollständiges WTO-Mitglied sein. Damit ist der Weg frei für den weiteren Abbau von Handelsbarrieren. Diesem Schritt ging ein 18 Jahre dauernder Verhandlungsmarathon voraus. Nun wird damit gerechnet, dass die vollständige Umsetzung noch einige Jahre dauern kann. Bereits während der Beitrittsverhandlungen wurden schon einige russische Gesetze an die WTO-Vorschriften angepasst, so dass keine tiefgreifenden  Änderungen erwartet werden. Die Verpflichtung Russlands schließt unter anderem eine Senkung der Einfuhrzölle von durchschnittlich 10 Prozent auf 7,8 Prozent ein. Mengenmäßige Importeinschränkungen werden abgeschafft. Exportzölle auf ca. 700 Waren, darunter Erzeugnisse der Fischindustrie, der Lederbranche, Buntmetalle und Mineralbrennstoffe werden eingeschränkt. Wie sich dieser Abbau von Handelsbarrieren auswirken kann, zeigt das Beispiel China. Seit dem Beitritt Chinas zur WTO im Jahr 2001 hat sich der Außenhandel Deutschlands mit dem "Reich der Mitte" fast verfünffacht und der Containerverkehr Chinas über den Hamburger Hafen etwa um das Vierfache zugenommen.